Montag, 13. Juli 2015

VIER: Osho: jenseits des allbekannten





Dimensionen jenseits des Bekannten

Das Buch von Osho „Dimensions beyond the known“ ist eine Übersetzung aus dem Hindi. Ich will versuchen, einige Teile nun ins Deutsche zu übersetzen. Bedenkt beim Lesen, wir sind hier nicht im Westen sondern in Asien. Am 3. Dezember 2012.

Aus dem Kapitel 3, „Paths are many, the travellers are few“:

Es gibt viele Wege, doch nur wenige Reisende (10. März 1971)

Seiten 101-113, Frage:
„Wäre es möglich für dich zu beschreiben, was der Seele nach dem Tod geschieht, wo sie sich bewegt, was sie tut, und in welchen Umständen sie sich befindet während der Zeit zwischen der Aufgabe des Körpers und der Annahme eines neuen Körpers?
In diesem Zusammenhang: du hast neulich diskutiert über die Freiheit der Seele geboren zu werden, wann immer sie es wünscht.
Bitte erleuchte uns, ob die Seele auch die Freiheit hat, zu wählen, ob sie den Körper verlassen will oder nicht.“

Es wird leichter sein, wenn wir zwei oder drei Dinge verstehen über die Zeit zwischen der Aufgabe des Körpers und dem Eingang in einen anderen Körper. Zuerst mal, es ist eine Tatsache, daß die Erfahrungen in dieser Zwischenzeit wie Träume sind. Wenn jemand etwas erlebt, ist in diesem Moment das Erleben ein wirkliches Geschehen. Doch wenn jemand das im Gedächtnis erinnert, wird es wie ein Traum; es ist traumartig, denn dabei werden keine Sinne gebraucht. Dein Gefühl und deine Überzeugung, daß ein Geschehen wirklich ist, kommen durch die Sinne und den Körper. [sind also materieller Natur]

Wenn ich fühle, daß ich dich sehe, und wenn ich dann versuche dich zu berühren und merke, daß du nicht berührt werden kannst, dann sage ich, daß du ein Wunder bist: du bist nicht da. Wenn ich versuche, diesen Tisch zu berühren und meine Hand durchgeht ohne irgend etwas zu berühren, dann würde ich sagen, daß dieser Tisch unwirklich ist oder daß ich in einer Einbildung bin, oder daß es eine Art Halluzination ist. Der Test der Wirklichkeit liegt in der Prüfung durch unsere Sinne. [ist also materieller Natur]

Doch nachdem wir einen Körper aufgegeben haben und bevor wir einen anderen angenommen haben, haben wir keine Sinne. Der Körper ist nicht da, was du also in diesem Zustand erfährst, ist wie ein Traum, als ob du einen Traum siehst. Wenn wir Träume sehen, zweifeln wir nicht an ihrer Wirklichkeit. Das ist sehr interessant. Nachher  zweifeln wir an ihrer Wirklichkeit, doch während des Träumens zweifeln wir nie an ihrer Wirklichkeit. Der Traum scheint wirklich zu sein. Was Wirklichkeit ist, bringt uns manchmal in die Zweifel, ob das Gesehene tatsächlich wirklich ist oder nicht, doch imTraum erscheinen solche Zweifel nie. Warum? Weil ein Traum nie den geringsten Zweifel erlauben wird; sonst wird er sofort zusammenbrechen.

Ein Traum ist eine so delikate Sache, daß schon der geringste Zweifel reichen würde, ihn zu töten. Allein das Gefühl, daß es nur ein Traum ist, reicht aus, um ihn zu zerbrechen, und dann wirst du wach. – Damit ein Traum weitergehen kann ist es notwendig, daß du nicht ein Iota an Zweifel hast. Durch den geringsten Zweifel wird selbst der tiefste Traum zerbrechen. So kommt es uns also vor, als ob alles, was wir im Traum sehen, ein wirkliches Geschehen ist. Ein Traum scheint wirklicher zu sein als die Wirklichkeit selbst. Das Wirkliche kann niemals so wirklich sein, weil immer Raum für Zweifel darin liegt. Doch während des Träumens scheint das Geträumte das aller-wirklichste zu sein.

Selbst wenn es klar ist, daß irgendetwas unmöglich ist, kommt es dir nicht so vor. Da kommt zum Beispuiel in einem Traum jemand vorbei. Plötzlich wird er ein Hund. Du denkst nichtmal daran, „wie kann das passieren?“ Es passierte, und es ist möglich. Es gibt keinen Zweifel. Nach dem Aufwachen denkst du vielleicht, „was ist das für ein Unsinn?“ doch nicht bevor du den Traum verlassen hast. Alles ist vernünftig im Traum; da gibt es keine Gegensätze.

Jemand ist dein Freund, und plötzlich zielt er mit dem Gewehr auf dich. Du denkst nicht einmal, „Wie kann ein Freund sowas tun?“ ImTraum ist alles möglich. Nach dem Aufwachen kannst du dich höchstens an Träume erinnern, die während der letzten Stunde waren. Üblicherweise verliert sich ein Traum nach fünf oder sieben Minuten. Nur an sehr eindrucksvolle magst du dich höchstens eine Stunde erinnern. Sonst wären so viele Träume in unseren Erinnerungen, saß wir nicht leben könnten. Innerhalb einer Stunde wird der Verstand frei vom Träume-Rauch.

Ganz ähnlich ist es in der Zeit zwischen zwei Körpern. Was auch immer in diesem Zeitraum geschieht, scheint absolut wirklich zu sein – so wirklich, daß wir niemals so etwas mit unseren Augen und Sinnen erfahren könnten. Deswegen gibt es kein Ende in der Glückseligkeit der Götter. Die himmlischen Mädchen, denen sie begegnen, sind so wirklich für sie – so wirklich wie keine Frau, die wir mit unseren Sinnen je erfahren können, jemals sein kann. Das ist auch so, weil es keine Ende für´s Elend des Geistigen gibt (?). Ihr Elend befällt sie so realistisch wie niemals im wirklichen Leben (?).

Was wir also Himmel und Hölle nennen, sind einfach tiefe Traum-Leben. Die Intensität von Höllenfeuer kann nie im wirklichen Leben gefunden werden, obwohl es ein sehr widersprüchliches Feuer ist. In Schriften finden sich Beschreibungen des Höllenfeuers, in das du geworfen wirst ohne zu verbrennen. Doch man ist sich dieser Widersprüche nie gewahr. Nämlich wenn du in ein intensives Feuer geworfen würdest, würdest du der Hitze nicht widerstehen können; jedoch wirst du keineswegs verbrannt. Dieser Widerspruch, daß „ich im Feuer verbrannt werde,“ daß das Feuer schrecklich ist, daß das Brennen unerträglich ist, und dennoch „werde ich nicht verbrannt,“ wird erst bewußt, wenn man aus dieser traumartigen Erfahrung heraus ist.

Im Zwischenraum zwischen zwei Geburten gibt es zwei Typen von Seelen. Ein Typus ist der der schlechten/bösen Seelen. Für sie ist es schwierig einen Mutterbauch für eine weitere Geburt zu finden. Ich nenne solche Seelen „Pretas“ (tibetisch), schlechte Geister. Der andere Typus besteht aus guten Seelen, ich nenne sie „Devas“ (sanskrit) – Götter. Auch für solche Seelen ist es schwierig, passende Mutterbäuche für eine weitere Geburt zu finden.

Zwischen den beiden gibt es den größten Teil der Seelen, bei denen es keinen fundamentalen Unterschied gibt, nur einen Unterschied im Charakter, in der Persönlichkeit und im Verstand (mental make-up). Sie sind vom selben Typus; nur ihre Erfahrungen werden unterschiedlich sein.

Die bösen Seelen kehren zur Erde zurück mit solch schmerzhaften Erfahrungen, daß die Erinnerung daran schon selbst Hölle ist. Solche, die in der Lage waren, derartige Erinnerungen zu haben, beschrieben die Höllen-Bedingungen. Es ist aber einfach ein geträumtes Land; es gibt es nicht wirklich irgendwo, aber wer sich erinnert aus solchen Bedingungen zurückgekehrt zu sein, sagt, daß es ein solches Feuer nirgendwo in der (wirklichen) Welt gibt. Daß die Gewalt und der Hass, die wir hier finden, nichts ist im Vergleich zu dem, was es dort zu sehen gibt. Mit den Erfahrungen des Himmels ist  es ebenso. Der Unterschied ist lediglich der schönen und der schlimmen Träume. Dieser Zeitabschnitt ist einen volle Traum-Periode.

Das ist sehr philosophisch aber es ist wahr, daß es nur wie ein Traum ist. Wir können verstehen, was Träume sind, weil wir sie täglich erleben. Du siehst einen Traum nur, wenn deine Sinne erschöpft sind. Im tieferen Sinn heißt das, wenn deine Verbindung zu den Sinnen bricht, sinkst du ins Traumleben.  Träume sind auch entweder höllisch oder himmlisch oder gemischt. Manche Leute sehen nur Höllenträume, manche nur himmlische.

Du magst denken, daß du einen Traum über acht Stunden der Nacht hattest. Doch wenn diese Periode sich über acht Jahre ausdehnt, wirst du es auch nicht merken, denn es gibt da kein Zeitbewußtsein. Der Verlauf der Zeit wird vom Gedächtnis nicht klar gemessen. Doch diese Zeitlänge kann durch die Veränderungen in den Erinnerungen gemessen werden, die im Zeitraum zwischen dem vorigen und diesen Körper geschahen.

Doch das ist nur eine Vermutung. Während dieses Intervals gibt es keine Klarheit über die Länge der Zeit: Deswegen hat das Christentum gesagt, daß die Hölle für immer existiert. Das wurde gesagt auf grund der Erinnerung derjenigen, die einen sehr langen Traum gesehen haben. Es war ein so langer Traum, daß sie, wenn sie zurückkehrten keine Erinnerung hatten über das Verhältnis zwischen diesem Körper und dem vorigen. Deswegen sagten sie, daß die Hölle unendlich ist und es sehr schwierig ist, aus ihr heraus zu kommen. Gute Seelen sehen glückliche Träume und böse Seelen sehen unglückliche Träume. Nur wegen ihrer Träume fühlen sie sich unglücklich und elend.

Wenn in Tibet ein Mensch auf dem Sterbebett liegt, werden ihm gewisse Dinge erzählt. Das wird gemacht, um eine gewisse Abfolge von Träumen zu erzeugen. Wenn ein Mensch stirbt wird ihm gesagt, daß er sich vorstellen soll, was ihm erzählt wird. So wird eine neue Atmosphäre, eine neue Konditionierung erzeugt.

Es ist interessant, doch auch wissenschaftlich. Ein Traum kann von außen erzeugt werden. Wenn du in der Nacht schläfst und ein nasses Tuch auf deine Füße gelegt wird, wirst du eine bestimmte Art von Traum haben. Wenn Wärme mit einem Heizer erzeugt wird, entsteht ein anderer Traum. Wenn deine Füße gekühlt werden, träumst du vielleicht, daß es regnet oder du auf Eis gehst. Wenn Hitze auf deine Füße kommt, magst du denken, in einer Wüste zu gehen. Daß die Sonne brennt und du schwitzt.

Träume können also von außen erzeugt werden. Viele Träume werden so erzeugt als ein Ergebnis äußerer Bedingungen. Wenn deine Hand schwer auf deiner Brust liegt, fühlst du vielleicht, daß etwas auf deiner Brust reitet, obwohl es nur deine Hand ist.

Im Moment des Todes – wenn du deinen Körper aufgibst, für eine lange Zeit eines Traumlebens, das nun kommt, nach dem die Seele einen neuen Körper nehmen wird, oder auch nicht – wurde in Tibet eine Methode ersonnen um eine Traumabfolge zu erzeugen. Sie nennen das „Bardo“. Es ist ein Prozess bei dem die Tibeter eine Person voll vorbereiten für die Erfahrung des Todes und das Leben nach dem Sterben. Alle guten Impulse, die es während des Lebens gab, werden hervorgeholt (aroused, in Erinnerung gerufen) so lange die Person noch lebt. Solche Bemühungen werden während des Lebens auch gemacht.

Vorhin habe ich gesagt, daß du dich nach dem Aufwachen deines Traums noch etwa eine Stunde erinnerst. Ähnlich nachdem du neu geboren bist, erinnerst du dich für etwa sechs Monate, bis zum Alter von sechs Monaten an fast alles. Danach verliert sich fast alles lamgsam. Wenn jemand sehr imaginativ oder sehr empfindsam ist, mag er sich etwas länger erinnern. Doch wer sich während des früheren Lebens Mühe gegeben hat und experimentiert hat aufmerksam zu sein, kann sich über eine lange Zeit berinnern.

So wie sich am Morgen für eine Stunde ein Traum-ähnlicher Rauch um dich dreht, beginnt sich für etwa eine Stunde vor dem Einschlafen der Schatten eines Traumes über dich zu legen.

In gleicher Weise beginnt der Schatten des Todes sich auf dich zu legen während der sechs Monate vor deinem Tod. Dein Tod kann vorausgesagt werden während dieser sechs Monate. Wenn die Schatten des Todes beginnen, dich zu umgeben während der letzten sechs Monate, haben die Vorbereitungen des Todes begonnen. [für Osho ist das einmalig, gradlienig, ohne Schwankungen. Ich habe solche Perioden schon mehrmals erlebt, ohne daß direkt mein Tod folgte, es gab immer wieder „Erholungen“ aus solchen Dämmerungs-Perioden, doch ich denke, Osho hat uns eine vereinfachte Beschreibung gegeben]

Diese eine Stunde vor dem Einschlafen, wenn die Traumschatten beginnen, auf dich zu fallen, ist sehr anregend. Keine andere Zeit ist so anregend, denn in dieser Zeit weißt du nicht, ob du noch wach bist oder die Schatten des Schlafs dich schon umgeben. Deswegen haben alle Religionen der Welt verordnet, daß die beste Zeit für Gebete die eine Stunde vor dem Einschlafen und die eine Stunde nach dem Aufwachen ist. Das ist als „Sandhyakal“ bekannt – die Morgen- und die Abenddämmerung.


Mit Sandhyakal wird nicht der Sonnenuntergang oder -aufgang bezeichnet. Es bedeutet wenn du vom Wachsein in den Schlaf übergehst und vom Schlaf in´s Waschsein. Dieser Übergang ist Sandhyakal. Die Sonne hat damit nichts zu tun, doch es wurde mit der Sonne seit jenen Tagen in Verbindung gebracht als der Sonnenuntergang die Zeit des Schlafengehens markierte und der Sonnenaufgang die Zeit aufzuwachen. Doch jetzt muß diese Verbindung unterbrochen werden, denn niemand schläft beim Sonnenuntergang, und niemand steht mit dem Sonnenaufgang auf. Sandhyakal bedeutet eine Stunde vor dem Schlafengehen und eine Stunde nach dem Aufwachen. Es markiert die Zeit zwischen dem Wachsein und dem Schlafen.

Kabir nannte seine Sprache „Sandhya-bhasha“ – die Dämmerungs-Sprache. Er hat gesagt, wir sprechen weder als ob wir schlafen noch als ob wir wach sind. Wir sind gerade in der Mitte. Wir sind in einer solchen Schwierigkeit, daß wir weder vom Innern noch vom Außen her sprechen. Wir stehen in der Mitte, im Grenzland, von wo aus wir sehen können, was die Augen sehen können und was sie nicht sehen können. Wir stehen genau auf der Schwelle. Das, was wir also aussprechen schließt das ein, was nicht ausgesprochen werden kann, und auch all das, was wir sagen können. Deswegen ist unsere Sprache eine Dämmerungs-Sprache. Die Bedeutung muß sehr sorgfältig getroffen werden.

Die eine Stunde am Morgen und die eine Stunde am Abend vor dem Schlafengehen sind sehr wertvoll. Ähnlicherweise sind die sechs-Monate-Periode nach der Geburt und die sechs Monate vor dem Tod gleich wertvoll. Doch wer den Gebrauch der einen Stunde der Dämmerungs-Perioden nicht kennt, versteht nicht die Wichtigkeit und den Wert dieser sechs-monatigen Perioden.

In solchenZivilisationen, die sehr viel von diesen Dingen wussten, waren die ersten sechs Monate nach der Geburt sehr wertvoll. Alles, was wichtig ist, kann dem Kind während der ersten sechs Lebens-Monate gegeben werden. Während der ersten sechs Monate ist das Kind empfänglich in seiner Morgendämmerung-Periode. Danach ist das nicht mehr möglich und wird sehr schwierig.

Doch wir können ihm das nicht über das Sprechen vermitteln. Und weil wir keine andere Methode als Sprechen kennen, gibt es Schwierigkeiten. – In gleicher Weise sind die sechs Monate vor dem Tod auch wertvoll. Während der ersten sechs Monate können wir uns dem Kind nicht mit unserer Sprache verständlich machen, und wir wissen nicht, wann die letzten sechs Monate vor dem Tod gekommen sind. So verlieren wir beide Gelegenheiten.

Doch einen Person, die die eine Stunde vor dem Einschlafen richtig nutzt und ebenso die Stunde nach dem Aufwachen, wird richtig wissen, wenn die sechs-Monate-Periode vor dem Tod beginnt. Wer betet und meditiert während einer Stunde vor dem Schlafen, wird in der Lage sein, zu fühlen, wenn die Dämmerungszeit vor dem Tod gekommen ist. Das ist eine so feine und subtile Erfahrung, daß es weder wie Schlaf noch wie Wachsein ist. Diese Erfahrung ist so fein und unterschiedlich, daß wenn das einmal richtig verstanden ist, man merkt, wenn die sechs-Monate-Periode vor dem Tod begonnen hat. Denn dann wird das Gefühl der Dämmerung über den ganzen Tag andauern. Die Erfahrung und das Gefühl, die vorher nur während der Stunde vor dem Einschlafen kamen,  werden andauern während der letzten sechs Monate.

Deswegen sollten die letzten sechs Monate vor dem Tod voll genutzt werden für „sadhana“. Dieselben sechs Monate werden von den Tibetern für´s Bardo genutzt – für eine Art von Traum-Training, das dir gegeben wird um zu planen, was du nach dem Tod tun willst. Dieses Training kannn dir nicht erst eben vor dem Tod gegeben werden. Es benötigt Vorbereitungen, und nur eine Person, die bereit ist während dieser sechs Monate, kann während der ersten sechs Monate nach der nächsten Geburt trainiert werden. Anders ist es nicht möglich. Diese Prinzipien, die während der letzten sechs Monate gelehrt werden, legen das Fundament für das Training, das während der ersten sechs Monate des nächsten Lebens gegeben werden kann. [sadhana ist das spírituelle Reifen]

Zu allen diesen Dingen gibt es ein eigenes wissenschaftliches Denken, ihre Grundsätze und ihre Geheimnisse. Und alles kann ebenso geprüft werden. Eine Person, die durch dieses Training gegangen ist, wird sich auch erinnern, was im Intervall zwischen zwei Geburten [das ist das Leben + die Zeit im Tod = Bardo] geschehen ist. Aber diese Erinnerung ist die Erinnerung an einen Traum, sie ist nicht wirklich.

Himmel und Hölle sind auch Erinnerungen einer Traum-Periode. Man kann Beschreibungen geben. Es kommt nur von solchen Beschreibungen [der Träume], daß Konzepte von Himmel und Hölle in allen Religionen entstanden sind. Die Beschreibungen unterscheiden sich nicht deshalb, weil die Plätze  verschieden sind, sondern weil die geistige Situationen der Personen, die sich an  ihre Erfahrungen erinnern, verschieden sind. Wenn Christen den Himmel beschreiben, wird es deswegen anders sein, als wenn Hindus ihn beschreiben. Denn die Beschreibungen hängen ab von verschiedenen Bewußtseins-Zuständen. Die Jainas werden ihn noch anders beschreiben, und die Buddhisten noch anders.

Jede Person wird eine andere Geschichte bringen. Es ist etwa so, wenn wir alle im selben Raum schlafen und dann aufstehen und unsere Träume beschreiben. Wir haben alle im selben Raum geschlafen; wir sind am selben Ort, doch unsere Träume werden unterschiedlich sein. Alles hängt von der Person ab.

Alle Erfahrungen von Himmel und Hölle sind individuell, aber man kann breite Ähnlichkeiten finden – daß es Glücklichkeit im Himmel und Elend in der Hölle gibt. Daß die Formen des Elends so oder so sein werden und so und so die Form der Glücklichkeit. Alle solche Beschreibungen, die bis jetzt gegeben wurden, sind glaubhafte Berichte von verschiedenen Zustände von Bewußtseinen.

Es wurde gefragt, „wenn jemand die Geburt auswählen kann, kann er den Tod auch wählen?“ Da muß man auch an zwei oder drei Dinge denken. Die Freiheit, die Geburt zu wählen, bedeutet, daß jemand geboren wird, wenn er das wünscht. Das ist die erste Freiheit einer Person, die höheres (supreme) Wissen erreicht hat. Wenn er das wünscht, kann er geboren werden. Doch sobald der Wunsch da ist, beginnt die Sklaverei mit diesem Wunsch.

[zum Beispiel:] . . .  ich stehe außerhalb eines Gebäudes. Ich habe die Freiheit reinzugehen, wenn ich es wünsche. Doch sobald ich das Gebäude betrete, beginnen die Beschränkungen des Gebäudes meine  Bewegungen zu beeinflussen. Somit ist die Freiheit, den Tod zu wählen nicht so groß wie die, die Geburt zu wählen.

Für eine gewöhnliche Person gibt es keine Freiheit, den Tod zu wählen, denn sie hat nicht mal die Geburt gewählt. Doch die Freiheit von jemanden, der verwirklicht/erleuchtet ist, seine Geburt zu wählen, ist total. Und sie ist sehr groß in dem Sinne, daß er es auch ablehnen kann, geboren zu werden, wenn er will. Doch wenn der Entschluß, geboren zu werden, erstmal gefasst ist, beginnt eine Reihe von Beschränkungen ins Spiel zu kommen – denn er hat Beschränkungen gewählt. Er gibt den unendlichen Raum auf und betritt die Enge. Diese enge Passage auferlegt ihre eigenen Beschränkungen.

Nun wählt er den Mutterbauch. Üblicherweise erwählt man nicht seinen Mutterbauch. Doch wenn eine verwirklichte/erleuchtete Person wählt, muß sie eine Auswahl treffen unter hunderttausenden solcher Mutterbäuche, die zur Verfügung stehen. Aus diesen wählt er aus; doch sobald er ausgewählt hat, betritt er die Welt der Beschränkungen. Alle Mutterbäuche haben ihre Einschränkungen. Er wählt eine Mutter und einen Vater. In diesem Prozess hat er dieselbe Langlebigkeit/Lebensdauer erwählt wie die befruchteten Eier der Eltern. Damit ist die Auswahl geschehen, und nun muß er diesen Körper nutzen.

Wenn du zum Markt gehst und eine Maschine kaufst mit einer Zehnjahresgarantie, ist die Einschränkung festgelegt. Wissendlich hast du diese Maschine gekauft, da gibt es also keine Frage der Sklaverei. Du wirst nicht sagen, „ich kaufte diese Maschine und nun bin ich versklavt, denn sie wird nur zehn Jahre halten.“ Du hast sie im vollen Wissen ausgewählt, daß sie zehn Jahre halten wird, und damit ist diese Sache abgeschlossen. Es gibt dabei keinerlei Schmerz.

Wer bewußt geboren wird [als Erleuchteter/Verwirklichter], weiß, daß wenn der Körper sterben wird, so hat er die Beachtung eines tod-gerichteten Körpers. In diesen Leuten finden wir eine Art von Ungeduld, die wir bei den meisten Leuten nicht finden. Wenn wir die Geschichte von Jesus ansehen, fühlen wir, daß er sehr ungeduldig ist. Als ob etwas mit  ihm in wenigen Momenten geschehen wird. Die ihm zuhören, verstehen diese Schwierigkeiten nicht, weil sie sich ihres eigenen nahenden Todes nicht sehr bewußt sind. Doch für Jesus steht der Tod vor ihm; er weiß, wann es geschehen wird. [ich kenne diese Ungeduld seit Jahren, deswegen vergeude ich keine Zeit mit Gesellschaftsspielen, PC-Spielen, Langweiligkeiten, Nutzlosigkeiten, langweiliger Musik]

Jesus bittet dich, die Arbeit heute zu vollenden, und du sagst, das geht auch morgen. Dann ist Jesus in Schwierigkeiten, denn es mag sein, daß er morgen nicht mehr ist. Deswegen,  ob es Mahavira oder Buddha oder Jesus ist, sie sind in Eile. Sie rennen mit großer Geschwindigkeit, denn unter so vielen toten Leuten sind sie die einzigen, die sich des Ganzen bewußt sind. Deswegen sind solche Leute immer in Eile. Es würde keinen Unterschied machen, ob solche verwirklichten Leute hundert oder zweihundert Jahre leben würden, denn jede Zeitlänge ist kurz für sie. Wir finden die Zeit nicht kurz, denn  wir wissen ja nicht, wann sie enden wird. Wir gehen sogar so weit, daß wir vergessen, daß sie enden wird.

Die Freiheit, die eigene Geburt zu wählen ist sehr groß. Doch die Geburt selbst bedeutet, in ein Gefängnis zu gehen. Und alle Beschränkungen eines Gefängnisses muß man akzeptieren. Doch eine solche Person akzeptiert diese Dinge von Natur aus, denn es ist ihre eigene Wahl. Wenn jemand in dieses Gefängnis geht, war er nicht dahin gebracht  worden, sondern er ist von sich aus hingegangen. Deswegen zeigt er seine Hände um die Handschellen zu bekommen. In diesen Schellen entstehen keine Schmerzen [ich finde doch, geschieht auch mal]. Die Person schläft nahe den dunklen Wänden ohne irgendwelche Probleme, denn sie ist freiwillig in dieses Gefängnis gegangen. Sie hätte unter dem offenen Himmel bleiben können. Doch sie ist aus eigenem Willen in das Gefängnis gegangen.

Wenn Sklaverei freiwillig ist, ist sie Freiheit. Doch wenn Freiheit ohne Wahlfreiheit ist, ist es Sklaverei. Freiheit und Sklaverei sind klar getrennte Dinge. Wenn wir Sklaverei aus eigenem Willen gewählt haben, ist es Freiheit, doch wenn Freiheit uns aufgezwungen ist, ist es Sklaverei. Für jemanden, der seine Geburt bewußt angegangen ist, werden die Dinge sehr klar gesehen, und so entscheidet er mit Leichtigkeit. Er weiß, daß er siebzig Jahre lang leben wird, und er entscheidet klar, was er in dieser Zeit zu tun hat. Er beginnt nur solche Dinge, die er auch vervollständigen kann; er wirft seine Netze nicht zu weit in die Zukunft aus. Was er morgen tun kann, wird der tun – und er wird es zu Ende bringen; darum wird er nicht immer in Besorgnis sein.

Im Verlaufe seines Lebens wird er sich auch auf den Tod vorbereiten. Der Tod ist ebenfalls eine Vorbereitung für ihn. Einerseits ist er in Eile – im Vergleich zu anderen / was andere betrifft. Was ihn selbst angeht, ist er nicht in Eile. Für sich selbst bleibt nichts zu tun. Er kann selbst auswählen, wie er sterben wird. Wenn er innerhalb der siebzig Jahre sterben muß, ist er in der Lage zu entscheiden, in welchem Momentum sein Körper ist – wann, wie und auif welche Weise er sterben wird. [diese Selbst-Wahl liegt nicht im alltäglich-bewußten Geistesbereich sondern in einem anderen Bereich, der Ähnlichkeit mit den Träumen hat, oder mit Instinkten]

Es war einmal eine Zen-Nonne. Sie hat die Leute informiert, daß sie innerhalb sechs Monaten sterben würde. Sie bereitete sich einen Scheiterhaufen vor, auf dem ihr Körper verbrannt werden sollte. Am verabredeten Tag kletterte sie hinauf, verbeugte sich vor allen, die herumstanden, und dann entzündeten diese Freunde den Scheiterhaufen. Als die Flammen sich ihr näherten, fragte jemand aus der Menge, „fühlt es sich nicht sehr heiß an?“

Die Nonne lachte und sagte, „was bist du doch für ein Narr! Selbst bei dieser letzten Gelegenheit fragst du solche närrische Fragen. Du hättest etwas seht Brauchbares und Wichtiges fragen sollen. Ich weiß es und du weißt es auch, daß es sehr heiß ist, mitten in den Flammen zu sitzen.“

Doch es war ihre Wahl. Sie lachte während sie verbrannt wurde. Sie hatte selbst den Moment ihres Todes erwählt, und sie wollte ihre Schüler, die herum standen, lehren, daß es möglich ist, lachend zu sterben. Wer nicht einmal im Leben lachen kann, für den ist diese Nachricht, daß man selbst lachend sterben kann, sehr wichtig.

Der Tod kann auch sehr gut geplant werden, doch wie die Wahl ausfallen wird, hängt von dem ab, der wählt. Doch das ist alles in Grenzen. Wenn ich in diesem Raum bleiben muß, kann ich entscheiden, in welcher Ecke ich sitzen will – ob ich auf der linken oder der rechten Seite schlafen will; so ist meine Freiheit. So einer nutzt selbst seinen Tod und nutzt alles im Leben. Manchmal ist so eine Nutzung sichtbar, manchmal nicht. Tatsächlich wird dieser Mensch nur geboren, um für andere nützlich zu sein. Für ihn selbst ist keine Notwendigkeit. Nützlich für andere zu werden ist seine Aufgabe. Doch es ist sehr schwierig für uns, seine Experimente zu verstehen. Meistens können wir sie nicht verstehen. Was immer er tut, wir merken es gar nicht. Es kann nicht mit unserem Wissen getan werden.

Ein Mensch wie Buddha wird nie sagen, „ich werde morgen sterben.“ Falls seine Sterbezeit morgen ist, wird er morgen sterben, dann ist es ohne Nutzen es heute zu sagen. Dann wird das, was heute getan werden könnte, auch nicht getan werden. Dann werden die Leute zu weinen beginnen, selbst heute schon. Dann können selbst nicht die folgenden vier Stunden genutzt werden. So eine Person wird für einige Zeit still sein, doch später wird er seinen Tod laut verkünden. Er wird entsprechend der momentanen Situation entscheiden.

Vom Mutterbauch zum Grab: eine Geburt nach der Selbst-Verwirklichung/Erleuchtung ist Training. Doch dieses Training ist nicht nötig für den Erleuchteten. Es ist eine Disziplin, jedoch nicht für ihn selbst. Die Strategie muß immer wieder verändert werden, denn alle Strategien werden alt und schwierig, und werden schwierig für die Leute zu verstehen.


Zum Beispiel Gurdjieff  [Bild unten]: er würde dich erst 100$ zahlen lassen bevor er deine Frage beantwortet hätte. Während Mahavira Geld nicht einmal angerührt hätte. Und Gurdjieff hätte in nur ein oder zwei Sätzen geantwortet. Für eine weitere Frage hätte er den Frager weitere 100$ zahlen lassen. Oft fragten ihn die Leute, was er da tut. Wer ihn kannte war verwirrt, denn an einem Moment erschien es, als ob er das Geld behalten würde, und dann würde er es an andere Leute verteilt haben. Warum dann 100$ verlangen?

Gurdjieff sagte, denen, für die nur Geld im Leben von Wert war, ohne Bezahlung etwas über Gott zu sagen sei wertlos. Solche Leute würden Dunge nicht wert schätzen, die sie ohne Bezahlung bekämen. Gurdjieff meinte, etwas Wertvolles zu bekomnmen jemand müsse schon etwas gegenbringen, in der einen oder anderen Weise. Wer nicht bereit ist, etwas zu geben hat kein Recht [im Spirituellen] etwas zu bekommen. [vielleicht sind Selbsterfahrungsgruppen und Tantra so teuer; und meine alte Idee, für spirituelle Reifungs-Angebote nichts extra zu nehmen, sind wohl falsch. Oft bin ich auch einfach still]

Doch die Leute meinten, Gurdjieff liebte das Geld, weil er nicht ohne Geld antworten würde. Ich sehe das so, im Westen, wo er lebte, wo die Leute nur Geld wertvoll finden, konnte nur ein solcher Lehrer wirksam sein. Er wusste, daß wenn man bereit ist, für jedes Wort zu zahlen, nur dann wurde deren Wert erkannt. Du wirst nur das mit nach Hause nehmen, wofür du bezahlt hast. Nicht irgend etwas, was du frei bekommen hast.

Gurdjieff würde Dinge tun, die man sonst nicht gutgeheißen hätte. Seine Schüler wären entsetzt. Sie würden ihm sagen, es wäre besser, wenn er solche Dinge nicht tun würde. Doch Gurdjieff würde sie wissend und absichtlich tun. Er würde da sitzen, und wenn du ihn besuchen würdest, würde er Fratzen schneiden und so tun als ob er ein Verrückter wäre. Er würde überhaupt nicht wie ein Heiliger aussehen. Er hat lange mit Sufi-Methoden experimentiert, so könnte er plötzlich mit seinen Augen schielen und in verschmitzte Ausdrücke überwechseln.

Seine ganze Erscheinung wechselte mit den Veränderungen seiner Augenwinkel. Zwischen einem Heiligen und einem Verrückten ist kein großer Unterschied außer in den Augenwinkeln. Sobald die sich verändert haben, würde ein Heiliger aussehen wie ein Narr und umgekehrt.

Gurdjieff´s Augen veränderten sich sehr schnell. Selbst wer neben ihm saß, würde nicht merken, daß er Ankömmlinge geängstigt hatte. Ein Neuankömmling mag so erschrocken sein, daß er fast wegrennen würde. Wenn Gurdjieff´s Freunde das bemerkten, fragten sie ihn, warum er sich so verhielt. Selbst bevor sie irgend etwas über den Neuling wussten, wäre er schon weggescheucht. Wieso?

Gurdjieff würde dann erläutern, daß der Neuling einen Verrückten in ihm gefunden hätte. Selbst wenn er ein Heiliger wäre, würde ihn das einige Zeit gekostet haben. Doch Gurdjieff wollte nicht, daß er seine Zeit vergeudet, also zeigte er ihm, wofür er gekommen war und wies ihn an, daß er nun weggehen könne. Denn er würde alle seine drei oder vier Besuche unnötig vergeudet haben, nur um dasselbe zu finden.

Doch wenn ein Neuling sich trotz solchen Verhaltens nicht berührt gefühlt hätte, nur dann würde Gurdjieff versuchen etwas mit ihm zu tun. So würde er wirklich die Wahrheit erfahren haben, er würde geduldig warten und nicht zu hastigen Folgerungen kommen.

Es hängt also vom Lehrer ab, wie er lehren will. Manchmal ist es sein ganzes Leben lang für dich nicht möglich, seine Ziele zu erkennen. Der Lehrer nutzt jeden Moment seines Lebens, von der Geburt bis zum Tod. Er vergeudet keinen einzigen Moment. Jeder seiner Momente hat tiefe Bedeutung, und es ist Teil eines großartigen Ziels und einer großen Bestimmung.





 

Übersetzung und Arrangenent:  
Swami Prem Aryaman
(Stefan Wellershaus,
Ma.Aryafrau@gmx.de)




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