Dienstag, 17. Januar 2012

SECHS: Abschluß



Mein Tod


Rechts auf dem gelben Feld sind die Posts ab 2011 angegeben.



eine gesamte Liste meiner Blogs findet sich hier:



„die größte Erfindung der Natur ist der Tod“ (soll wahrscheinlich  Jacques Théodore Jules Lecomte du Noüy, 1885–1961) gesagt haben (zitiert von Lama Anagarika Govinda in „Der Weg der weißen Wolken“, Seite 278). Es gibt Geisteshaltungen, die in erster Linie den Tod verdammen und Ängste gegen ihn schüren. Da ich das Leben liebe und sehe, daß Leben ohne Tod nicht möglich ist, stelle ich mich nicht gegen den Tod.


Für mich ist meine Existenz wie eine unendlich lange Zeit-Linie, auf der ich mich jetzt gerade an einem Punkt befinde, der Gegenwart, und auf der sich zwei weitere Punkte befinden, die Zeugung (oder die Geburt) und der Tod. Vielleicht geht irgend etwas in meinen durch die Zeugung entstehenden zukünftigen Körper ein, was ich einmal war und durch die Zeugung wieder werde.


Lama Anagarika Govinda schreibt („Der Weg der Weißen Wolken“ 1969,  S.186) „Während der gewöhnliche Mensch vom Tod überrascht und überwältigt wird, sind diejenigen, die sowohl Körper wie Geist unter ihre Kontrolle gebracht haben, imstande, sich freiwillig aus dem Körper zurückzuziehen, ohne den Leiden eines physischen Todeskampfes ausgesetzt zu sein, ja, ohne die Herrschaft über ihren Körper, selbst in dem entscheidenden Moment, zu verlieren.“



Das ist schon lange mein Ziel. Von Osho und dem Tibetanischen Totenbuch habe ich gelernt, daß der Tod ein sehr großes Er-„lebnis“ sein kann. Eines der größten der ganzen Lebensspanne. Das weiß ich zwar nicht, aber es ist ein Aspekt meines Alters, meines Alt-Werdens. In wenigen Tagen werde ich 80 werden. Für mich gilt: meine seelische Haltung zu pflegen ist noch wichtiger als den Körper zu pflegen. Im ersteren bin ich sorgfältiger als im zweiten. Das erstere habe ich schon als Kind begonnen, als ich mich immer wieder zurückzog in meine eigene Stille, und ich bin dankbar, daß mir die Lage in jenen Jahren das möglich machte und ich mich in diese Richtung weiter entwickeln konnte, auf diesem Weg bleiben konnte. Das zweite, der Körper, ist durch Lähmungen mit 20 (Polio) so zerrüttet, daß ich erstaunt und dankbar bin, daß alles noch so lange gehalten hat - wenn auch mit Hilfe der ärztlichen Künste und der Liebe meiner Mitmenschen - Familien und Freundschaften und Liebschaften.

Wie ich von den Tibetern gelernt habe, existiere ich vor der Zeugung und nach dem Tod – doch wie ich das in materialistischer (wissenschaftlicher) Sprache „erklären“ kann, weiß ich nicht. Es gibt viele Arten, das zu „erklären“, doch sie hängen sich meistens (oder alle) an bereits vorhandene Theorien. Und das ist mir zu unecht.


Das Leben ist mir manchmal, nein fast immer reichlich schwer – mit all den Lähmungen am Körper. Oft, nein fast immer wünsche ich mir, dieses Leben würde nun mal zuende gehen, ich würde diesen Körper verlassen und etwas Neues beginnen können. Das Tibetanische Totenbuch gibt mir da einigen Mut zum Wünschen. Dazu gehört, im Leben "vorbereitet" zu sein auf das, was mit dem Tod kommen wird. Dazu gehört auch, altes, schwieriges Karma aufgelöst zu haben, also auch meine Lähmungen und deren Folgen anzuerkennen und als zu mir gehörig zu empfinden ("auch DAS bin ich"), also nicht dagegen zu hadern. Ich vermute, das Hadern würde ein schlechtes Karma erzeugen, das dann im nächsten Leben schaden wird.


Meistens wird die Zeit als eine Linie gedacht. Eben, gedacht. Aber ob wir das wirklich so sagen könnten, finde ich unklar. Mittels der Linie vergleichen wir den Ablauf der Zeit mit einem graphischen Symbol, eben der Linie oder Geraden. Die zum Beispiel von A nach B nach C nach D verläuft. Doch wie Osho am 24. Februar 1988 (Fußnote*) sagt, wäre das sozusagen die Waagerechte, man kann aber auch von A zu A und zu noch mehr A gehen, also in der folgenden Zeichnung nach oben:

A bedeutet, daß ich im Sinne der Zeit-Geraden  A-B-C-D... im Zeitpunkt (A) bleibe.
                      A
                    I
                    I
                   A
                    I
                    I
             > ---A -----B-----C-----D   -   -   ->     Zeitgerade    ->


Ich sehe noch mehr Linien, in alle Richtungen weg von der Waagerechten, oder ein diffuses Zeitgeschehen, vielleicht. rechts, links, hinten, vorne, schräg nach hier und da, oder überhaupt nicht in Richtungen. Zeit wäre diffus, wo immer ich gerade bin. Da wäre meine Zeit.

Hier Osho´s Bemerkungen: Der Schüler Vardan fragt, „Geliebter Meister, du sagtest mal, es ist selten, daß die Unendlichkeit in die Zeit eindringt (eternity penetrates time). Kannst du mehr dazu sagen?"


»Vardan, die Frage scheint einfach zu sein, doch die Antwort ist sehr komplex. Die Komplexität wird viel-dimensional, denn die Antwort kann nur aus deiner eigenen Erfahrung kommen, nicht von draußen. So wie die Frage aus dir selbst kommt, muß die Antwort auch aus deinem Innern kommen. Doch ich will noch etwas ins Detail gehen, um zu erklären was ich meine, wenn ich sage, es ist selten, daß die Unendlichkeit in die Zeit eindringt.


Zeit ist das, in dem wir leben – sie ist waagerecht. Sie ist von A nach B nach C nach D, sie ist in einer Linie.


Unendlichkeit ist senkrecht. Sie ist nicht von A nach B und von B nach C. Sie ist von A zu mehr A und zu noch mehr A. Sie geht "aufwärts". Der Augenblick ist selten, denn es geschieht nur, wenn die Meditation am Reifen ist, Vollständigkeit, wenn du deinen innersten Kern berührt hast.
Dann wirst du dir plötzlich gewahr, daß du eine Kreuzung bist. Eine Linie geht waagerecht, in anderen Worten, sie ist mittelmäßig, üblich, ohne Bedeutung und führt schließlich zum Tod. Die waagerechte Linie führt geradewegs zum Friedhof.«

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*) Osho, "Hari Om Tat Sat", Kapitel 27, 24. II. 1988, zu sehen hier:


Wohin geht es nun weiter? Ich denke, daß es in einem vollständigen Tod keinerlei Zeit mehr gibt. Doch wo bleiben die ganzen Inhalte unseres Bewußtseins? Meine Idee ist: Ich packe – in der Vorstellung – alles in einen Beutel, alles aus meinem Gehirn, aus meinem Wissen, aber auch die ganze Welt und ihre Eigenschaften und das, was wir da sehen und erfahren und reindeuten, kurz ALLES. Dann ist um uns vollständige Leere. Ist das Nirvana? Vielleicht gibt es die Möglichkeit, neue Beutel zu schaffen und Neues hineinzupacken – aber wo würde das hinführen? Ich sehe da nichts, erstmal, Leere bleibt – oder?


Im Tibetischen Totenbuch aber geht es nicht so weit, das Bewußtsein als einzige Instanz manifestiert sich in einem neuen Wesen, Mensch oder Tier oder Pflanze – oder aber, denke ich dann auch: es manifestiert sich in Gedanken, Eigenschaften oder anderem, das ich gerade nicht sehe. Vielleicht ohne ein lebendes Wesen. Nur als Geistiges.

Immerhin wäre da die Möglichkeit der Wiedergeburt. Denn der Sinn tibetischen Lebens ist doch, das Leben so zu gestalten, daß eine möglichst günstige Wiedergeburt möglich wird – wo und in welche Art von zukünftigem Leben, können wir im Bardo, also in der Zwischenzeit zwischen Tod und Wiedergeburt, ansteuern. In einem Prozess, bei dem uns von einem Lama geholfen wird – wie es im Totenbuch (und in meinem vorigen Post) beschrieben ist. Die Art des zukünftigen Lebens ist wohl sehr beeinflusst vom bisherigen Karma, also wie wir unser Karma früher gestaltet haben, wie wir gelebt haben.

In meinem Körper sind eine Reihe von Schäden: hauptsächlich die Lahmungen aus der Polio vor 60 Jahren. Dem folgten unter anderem einige Arterio-Sklerosen. Eine, im linken Oberschenkel, wurde 2010 in einer Operation ersetzt durch einen Bypass, mit Erfolg. Eine zweite im rechten Unterbauch – von der Arterien-Verzweigung bis zur Leiste –  2011. Links hat der Bypass eine fast volle Verbesserung ergeben, rechts müsste im Oberschenkel noch ein Oberschenkel-Bypass gelegt werden, um zu einem ähnlichen Erfolg zu kommen.


In der vorderen linken Hals-Arterie findet sich eine Sklerose, die bald zur Schwächung der linken Gehirnhälfte führen könnte (wegen mangelhafter Durchblutung). Und seit einigen Jahren lassen die Kräfte meines rechten Armes (der von der Polio nicht betroffen und immer stark war) sehr nach. Das könnte eine Folge der nachlassenden Durchblutung des linken Gehirns sein.

Vielleicht auch als Folge dieser schlechten Durchblutung bin ich immer häufiger müde und schlafe recht viel, zwischendurch. Und dann bin ich wieder hellwach für 2 – 4 Stunden, dann wieder Schlaf. Also fühle ich ein gemächliches Loslassen dieses Lebens, eine sehr sachte Art, den Körper zu verlassen, langsam, bewußt, erwünscht. Schön, wenn man das organisatorisch hinkriegt. Eine Lösung alternativ zum Schlaganfall, den mir meine Ärztin vorhergesagt hatte, wenn ich die Hals-Arterie nicht reparieren lasse.


Diese sehr sachte Art wäre ein Alters-Tod, den ich mag, denke ich heute. Ein langsames Loslassen, bewußt, anerkannt, der Würde des Lebens entsprechend. Durchgang durch das Bardo im tibetischen Sinn, dann geläutert Eingang in ein neues, anderes menschliches Leben.

Da lasse ich mich anregen durch Osho´s Text, den ich eben (Dezember 2012) hier angeschlossen habe: "Es gibt viele Wege doch nur wenige Reisende" ziemlich frei und unbeholfen übersetzt aus dem Buch "Dimensions Beyond the Known".


Hilfreich für meinen Weg war und war und ist mir Swami Veetman, den ihr auch auf seiner Site http://www.leben-sterben.de/ sehen könnt.


Den Anfang von "Leben und Sterben" seht ihr hier: http://mein-leben-und-sterben-eins-und-zwei.blogspot.com/

Kennst du die Seite:  http://www.oshonews.com/category/departures/ ?
Dort lese ich ständig über alte Freunde auf dem Weg, die ihren Körper zuzrückgelassen haben. Sehr berührend und ein Wecker zum Aufwachen.

Ach, wer immer den letzten Absatz hier reingesetzt hat: es funktioniert nicht. Außerdem gehört es sich nicht, hier was rein zu setzen, dazu ist der Kommentare-Kasten geeignet, oder? Gruß von Aryaman (17.VII.2014), der sicher auch demnächst seinen Körper verlassen word - und dann . . .

 Doch es funktioniert, wennn ich die Adresse in meine Browser-Liste eingebe, danke.

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